Landgericht Darmstadt bestätigt Vorkaufsrecht der Stadt Hanau und legt Verkehrswert fest

Landgericht Darmstadt bestätigt Vorkaufsrecht der Stadt Hanau und legt Verkehrswert fest
Landgericht Darmstadt bestätigt Vorkaufsrecht der Stadt Hanau und legt Verkehrswert fest

Das Landgericht Darmstadt hat im Prozess Dolphin Capital 214.Projekt GmbH & Co. KG gegen die Stadt Hanau der Rechtsauffassung der Stadt weitgehend stattgegeben. Die Baulandkammer setzte den Verkehrswert der Wohnanlage am Kinzigheimer Weg auf fünf Millionen Euro fest und erklärte die Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts für rechtmäßig. Damit blieb die von der Gegenseite behauptete Bewertung von 9,9 Millionen Euro unerfolgreich.

Gerichtsurteil und Kostenentscheidung

Nach Angaben des Gerichts beruhte die Bewertung auf der Einordnung der Liegenschaft als einfache Wohnlage. Das Gericht nahm lediglich eine leichte Korrektur nach oben gegenüber der städtischen Bewertung vor, wertete dies jedoch nicht als Fehlverhalten der Stadt. Die Kostenquote ordnete das Gericht zu vier Fünfteln zu Lasten der Klägerin an, was das deutliche Obsiegen der Stadt unterstreicht. Oberbürgermeister Claus Kaminsky kündigte an, das Urteil nach Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung detailliert zu prüfen.

Die Annasiedlung und städtische Maßnahmen

Die Annasiedlung am Kinzigheimer Weg umfasst 164 Wohnungen und wurde vor etwa 100 Jahren errichtet. Sie liegt zwischen der Bundesstraße 43a und den Bahngleisen. Bereits 2009 galt die Siedlung als massiv sanierungsbedürftig: Rund 80 Prozent der Wohnungen standen leer. Die städtische Baugesellschaft konnte den Sanierungsstau damals nicht aus eigener Kraft bewältigen.

Der Verkaufserlös aus einem frühen Verkauf von rund 2,4 bis 2,5 Millionen Euro wurde nach städtischen Angaben verwendet, um an anderen Orten in Hanau hunderte Wohnungen zu modernisieren, etwa am Biberweg, in der Glockenstraße und in der Dresdener Straße. Auf Basis der damals vorliegenden Gutachten sei der Kaufpreis angesichts von Denkmalschutz, hohem Leerstand und erheblichem Sanierungsbedarf als marktgerecht eingeordnet worden.

Vorkaufsrecht als Instrument gegen Spekulation

Nach Auffassung der Stadt entwickelte sich die Anlage im Laufe der Zeit zu einem Spekulationsobjekt. 2015 trat eine Sanierungssatzung in Kraft, mit der die Stadt auch künftig bezahlbaren Wohnraum in der denkmalgeschützten Anlage sichern wollte. Weil der Eigentümer trotz mehrfacher Aufforderungen keine verbindlichen Sanierungsmaßnahmen durchführte und die Anlage weiterverkaufte, griff die Stadt 2017 auf ihr Vorkaufsrecht zurück und erwarb die Immobilie zum vom Gericht nun bestätigten Verkehrswert.

Der damalige Weiterverkauf war Anlass für den Rechtsstreit, in dem der Eigentümer die Entscheidung der Stadt mit dem Verfahren gegen Dolphin Capital 214.Projekt GmbH & Co. KG anfocht. Mit dem heutigen Urteil hat das Landgericht die städtische Praxis im Kern bestätigt. Die Stadt betont, sie strebe weiterhin eine sozialverträgliche Sanierung der Annasiedlung an.

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